„Du bist krank, bleib zuhause!“ – Komm wieder, wenn du gesund bist!

Die meisten Lehrkräfte sind sich ihrer Verantwortung bewusst und nehmen sie sehr ernst. Doch während man kranke Schüler nach Hause schickt, schleppt man sich immer wieder zur Schule. Warum?!

Klar entsteht Unterrichtsausfall, du musst vertreten werden, Kollegen können an deine Arbeit nicht so leicht anknüpfen und vielleicht sind deine Schüler schlechter auf die Klassenarbeit vorbereitet. Sich da einfach krankmelden grenzt für dich an Verrat! Mein Appell an dich: „Bleib zuhause und komm wieder, wenn du fit bist!

Warum bleibst du nicht krank zuhause?

Dieses Gefühl, dass du nicht fehlen darfst, ist tief verankert. Es kommt nicht von ungefähr, sondern wird durch verschiedene Mechanismen verstärkt:

  1. Das Helfer-Syndrom: Viele Lehrer sind durch und durch „Helfer“. Du willst für deine Schüler da sein, den Kollegen nicht zur Last fallen und niemanden im Stich lassen. Gerade das Gefühl, dass du gebraucht wirst, macht es schwer, die Reißleine zu ziehen.
  2. Die Angst vor Rückständen: Ein kranker Tag bedeutet meist doppelte Arbeit danach – verpasste Stunden müssen nachgeholt, liegengebliebene Aufgaben aufgearbeitet werden. Dieser Berg an Arbeit schwebt dir schon während des Fieberns im Bett vor Augen. Vor allem hast du nicht die Kontrolle, was die Kollegen in deiner Abwesenheit machen. Statt einer Fortsetzung des Stoffs wird gespielt oder höchstens wiederholt.
  3. Gesellschaftliche Erwartungen: Leider gibt es immer noch die Erwartungshaltung, dass man „hart im Nehmen“ ist. Wer sich krankschreibt, wird oft als schwach wahrgenommen – völlig zu Unrecht, aber dieses Stigma wirkt trotzdem auf uns. Außerdem kennst du die Situation als Vertreter und weißt, wie anstrengend diese Stunden sein können. Das willst du auch keinen anderem antun.
  4. Das schlechte Gewissen: Du weißt, dass jemand deine Klasse übernimmt, dass der Unterricht vielleicht ausfällt oder Schüler unvorbereitet auf eine Prüfung zugehen. Es fühlt sich an, als würdest du jemanden im Stich lassen.
  5. Das Gerede im Lehrerzimmer: Wenn du häufiger krank bist, hast du schnell den Ruf als Blaumacher oder nicht belastbar. Und selbst, wenn dieses Gerede nicht da ist, willst du nicht diesen Ruf bekommen.

Diese Mechanismen sind stark und oft unbewusst. Sie sorgen dafür, dass du dich ins Klassenzimmer schleppst, auch wenn du eigentlich ins Bett gehörst.

Warum ist dieses Verhalten schädlich?

Was zunächst nach einem „Pflichtbewusstsein“ aussieht, hat tatsächlich viele negative Folgen – sowohl für dich als auch für dein Kollegium.

  1. Für deine Gesundheit: Wenn du krank arbeitest, verlängerst du oft den Genesungsprozess oder verschlimmerst deine Symptome. Was ein paar Tage Bettruhe heilen könnten, zieht sich dann über Wochen. Deine Gesundheit ist kein unendliches Gut – sie verdient Schutz und Pflege.
  2. Für das Kollegium: Ironischerweise schadest du oft den Kollegen, denen du helfen willst. Indem du dich krank zur Arbeit schleppst, riskierst du, andere anzustecken – besonders in einer Schule, wo die Erkältungswellen ohnehin oft durch die Flure fegen. Und: Wenn du langfristig ausfällst, weil du deine Krankheit verschleppt hast, entsteht eine viel größere Lücke, als wenn du dich gleich auskuriert hättest. Oder noch mehr Kollegen sind krank.
  3. Für die Schüler: Auch die Schüler profitieren nicht davon, wenn du dich halb krank durch den Unterricht schleppst. Sie merken, wenn du nicht auf der Höhe bist, und der Unterricht leidet darunter und im schlimmsten Fall wird er schneller gestört. Außerdem vermittelst du ihnen ein problematisches Vorbild: Sollten sie später ebenfalls krank zur Arbeit gehen?

Warum du dir kein schlechtes Gewissen machen solltest

Sich krankzumelden und zuhause zu bleiben, ist kein Zeichen von Schwäche – es ist ein Akt der Verantwortung. Du übernimmst Verantwortung für deinen Körper, für deine langfristige Leistungsfähigkeit und dafür, dass du deine Arbeit nachhaltig machen kannst. Dabei ist es wichtig, dir eines klarzumachen:

  1. Die Welt dreht sich weiter: Auch ohne dich werden Lösungen gefunden. Vertretungen werden organisiert, Aufgaben verschoben – und das ist okay.
  2. Krankheit ist kein Versagen: Krank zu sein bedeutet nicht, dass du deine Pflichten vernachlässigst. Es bedeutet, dass du ein Mensch bist, der sich erholen muss, um langfristig gesund zu bleiben.
  3. Selbstfürsorge ist ein Teil deiner Arbeit: Indem du dich auskurierst, trägst du dazu bei, langfristig für deine Schüler und Kollegen da zu sein. Wer sich regelmäßig überlastet, riskiert Burnout oder längere Krankheitsausfälle – und das hilft niemandem.
  4. Schüler sollen auch gehen: Wenn ein Schüler mit laufender Nase im Unterricht sitzt, wirst du ihn bestimmt auch eher nach Hause schicken wollen, oder? Wer krank ist, bleibt zuhause.
  5. Du kommst zu früh wieder: Neben der Weigerung, krank zuhause zu bleiben, bleiben viele Lehrer auch nicht lange genug zuhause. Das birgt die Gefahr, dass du unauskuriert bald wieder ausfällst.

Tipps, um ohne Reue krank zu sein

Damit du das nächste Mal mit gutem Gefühl krank zu Hause bleibst, helfen dir diese kleinen Denkanstöße:

  1. Akzeptiere deine Auszeiten: Betrachte das Kranksein als Teil eines ganzheitlichen Umgangs mit deiner Gesundheit. Dein Körper sagt dir, dass es zu viel ist und dann gönne dir diese Verschnaufpause.
  2. Bereite dich vor: Halte einfache Vertretungsmaterialien bereit, die Kollegen kurzfristig nutzen können. Das nimmt dir den Druck, während einer Krankheit noch alles organisieren zu müssen. Arbeitspläne und Rituale im Unterricht machen auch die Schüler selbstständiger, weil sie den Rahmen kennen.
  3. Sprich darüber: Tausche dich im Kollegium über das Thema aus. Es hilft, zu wissen, dass andere ähnliche Gedanken und Gefühle haben – und dass es völlig okay ist, krank zu sein. Wenn du öfter ausfallen kannst aufgrund chronischer Erkrankungen, kannst du das auch kommunizieren.
  4. Kultiviert die Haltung: Es ist nicht nur wichtig, als Team die Schule zu betreiben, sondern auch den Rücken der Schwächeren zu stärken. Wenn jemand krank ist, wünscht euch eine gute Besserung und achtet aufeinander. Sagt lieber einmal mehr „Geh nach Hause, du bist krank!“.
  5. Akzeptiert Alter und Gesundheit als Ist-Zustände: Während junge Lehrer oft noch vor Energie strotzen, haben die älteren Kollegen nicht mehr so viel Ressourcen. Manchmal können jüngere Kollegen auch von den Alten lernen, wie man vorsichtig mit den Ressourcen umgeht, um länger Kraft zu behalten.
  6. Denke an die langfristigen Vorteile: Ein paar Tage Bettruhe sind besser als Wochen der Überlastung. Du schützt dich, deinen Körper und letztlich auch die, die auf dich angewiesen sind.
  7. Geh zum Arzt: Wenn ich krank bin, gehe ich nicht gerne zum Arzt, weil ich denke, dass es nach ein oder zwei Tagen besser geht. Wenn ich zum Arzt gehe, werde ich oft für eine Woche rausgenommen. Dieses Attest entlastet mich, weil ich mich nicht rechtfertigen muss. Das hat für die Schule noch einen Vorteil: Sie kann die Zeit besser planen als wenn du dich von Tag zu Tag krankmeldest.

Erlaube dir, krank zu sein

Das nächste Mal, wenn du dich krank fühlst, erinnere dich an diesen Artikel. Es ist okay, dir diese Auszeit zu nehmen – ja, es ist notwendig. Denn nur, wenn du auf deine Gesundheit achtest, kannst du auch langfristig eine gute Lehrkraft sein. Also: Sei einfach krank. Ohne Reue. Erhole dich, sammle neue Energie. Du hast es dir verdient.


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